7. März 2011

Wir sind Helden - Alter Schlachthof, Dresden (4. März 2011)

Drei Jahre! Ich betone: Drei Jahre! So lange ist es her, dass ich die Band Wir sind Helden zum letzten Mal gesehen habe. Okay, wenn man es genau nimmt waren es nur zwei Jahre und neun Monate, aber auch das ist schon lang genug. In dieser Zeit habe ich die Helden mal mehr und mal weniger vermisst. Ist es nicht so, dass man bestimmte Bands und Musikrichtungen mal mehr und mal weniger hört? Das ist ja auch immer eine Frage der aktuellen Stimmung und der momentanen Lebensphase. Mal entdeckt man eine coole neue Band, deren Musik richtig frisch daher kommt und neuen Wind auf den mp3-Player bringt; mal hört man alle Alben von Coldplay rauf und runter, weil man ganz viel nachdenken muss; mal ist man so genervt von der Blödheit, mit der man ständig konfrontiert wird, und hört die Lieder eines Mannes, der mit einer Gitarre ausgestattet anklagende Texte in die Welt hinaus singt; ja und mal entdeckt man da im letzten Winkel der Musikbibliothek die Helden seiner Jugend, die man schon Jahre nicht mehr gehört hat und entdeckt plötzlich deren Musik wieder ganz neu! Und genau so geht es mir gerade mit Wir sind Helden. Schuld daran ist das Konzert, welches die Band am 4. März 2011 im Alten Schlachthof in Dresden gab.

Gut eine Woche zuvor hatte Sängerin Judith Holofernes für Aufregung gesorgt, weil sie Kritik an der Werbekampagne einer gewissen - nennen wir es mal - "Zeitung" geübt hat. ("Ich glaube, es hackt.")  Ob dies ein geschickter Schachzug war den Kartenverkauf für die Tour anzukurbeln oder wie Judith selbst sagt "ein tiefes inneres Bedürfnis", sei mal dahin gestellt. Schön und wichtig ist, dass es überhaupt mal jemand laut gesagt hat.

Als ich im Alten Schlachthof ankam, war der Saal schon gut gefüllt und Support-Act Francesco Wilking spielte bereits. Gegen 21 Uhr betraten dann Wir sind Helden die Bühne. Das Erste, was mir auffiel, war Pola Roys Bart, der gefühlt die halbe Bühne einnahm. Seine Ehefrau und Helden-Sängerin Judith erzählte später, dass die beiden ständig befremdliche Blicke von Leuten kassieren, wenn sie mit den Kinden unterwegs sind. Befremdlich deswegen, da Judith für ein Taliban-Opfer einfach zu gut gelaunt aussähe. Los ging es mit einem Lied des vierten Albums, Was uns beiden gehört, ein Song, der eigentlich zum Tanzen einlädt. Eigentlich. Das Dresdner Publikum blieb dabei leider etwas steif. Das war schade.

Mit Von hier an blind und Streichelzoo ging es weiter. Danach kündigte Judith einen weiteren älteren Song an, wobei es sich um Alles, welches ebenfalls auf Album Nummer 4 zu finden ist, handelte. Die Worte dieses Liedes sorgten für den ersten Kloß im Hals an diesem Abend. ("Stell dir vor, du wärst wieder allein unter Leuten...") Danach folgte einer meiner absoluten Favoriten des neuen Albums: Kreise. Das ist auch so ein Lied, was einfach dazu einlädt sich zu bewegen, aber noch zog es das Publikum vor weiter gaaaanz langsam aufzutauen. Loben möchte ich an dieser Stelle auch die tollen Hintergrund-Animationen, die immer sehr schön zu den aktuellen Liedern passten. Bei Echolot zum Beispiel stiegen große blaube Blubberblasen hinter der Band auf. Ein kleines bisschen erinnerte mich das an Konzerte von Coldplay und Snow Patrol.

Der stocksteife Zustand des Publikums änderte sich, als Wir sind Helden ein Lied ihres ersten Albums anstimmten: Die Zeit heilt alle Wunder. Juhu, auf einmal können wir sogar die Texte mitsingen. Danach folgte der zweite Kloß im Hals an diesem Abend (keine Sorge, es war auch schon der Letzte!) Das Lied Ein Elefant für dich erinnert mich immer an längst vergangene Zeiten und Personen, an die ich schon lange nicht mehr gedacht habe oder denken wollte. Etwas wilder ging es dann weiter mit The Geek (shall inherit), Alles auf Anfang und Panik. Kurz vor dem Ende des Hauptteils wurde drei Lieder des ersten Albums gespielt. Die Menge sang und tanzte. Endlich! Hat ja auch lang genug gedauert. Judith machte sich laut Gedanken, ob man Aurèlie auch am nächsten Tag auch in Brüssel spielen könne, denn schließlich hatte sich für dort die echte Aurèlie angekündigt und die würde sich bei diesem Lied immer furchtbar schämen. Zusammen mit Band und Publikum wurde entschieden, dass das schon ok ist. Guten Tag und Denkmal durften natürlich nicht fehlen.

 Denkmal

Es gab zwei Zugaben. Die Erste bestand aus vier Liedern, mit dabei war unter anderem Wir müssen nur wollen, bei dem uns die Band auf eine Art imaginäre Reise einludt. Diese startete in einem wunderschönen Haus mit wunderschöner Glasfront. Von da aus ging es auf einem beinlosen Pferd, das rückwärts lief, auf den Weg durch eine deutsche Stadt, die aber auch in Italien liegen könnte. Das beinlose, rückwärtslaufende Pferd kam an einem Bauzaun vorbei, an welchen Werbeplakate hängen, von denen aus bestimmte Personen auf einen herunter blicken und einen regelrecht verhöhnen. Schnell reitet man weiter und stößt an eine Wand, wo man von einem Affen eine Waffe erhält. Und aufeinmal, befindet man sich in einer Halle, gefüllt mit netten Menschen und einer tollen Band. :-)

Beendet wurde das Konzert mit Bist du nicht müde? Müde war ich zwar nicht unbedingt, aber dafür sehr zufrieden. Die Auswahl der Lieder fand ich gelungen, die Stimmung war nach gewissen Startschwierigkeiten ganz gut und kleine Geschichten aus Band- bzw. Familien-Leben sorgten für Schmunzler. Dafür, dass Judith nach eigenen Aussagen an Grippe erkrankt war, sang sie sehr gut und die Band spielte immerhin ganze zwei Stunden. Unterstützt wurden Judith, Pola, Jean-Michel und Mark dieses Mal von zwei weiteren Musikern an Bass und Piano. Alles in allem war es ein wirklich schönes Konzert. Nur kurz möchte ich aber an die Leute appelieren: Wir sind Helden haben nach ihrem ersten Album noch drei weitere Studio-Alben veröffentlicht. Die Reklamation ist zwar wirklich ein saugeiles Album, aber auch die anderen verdienen es wirklich gehört zu werden. Dann kann man beim Konzert zu den neuen Songs genauso gut feiern wie bei den Alten ;-)

Leider habe ich dieses Mal kein einziges Foto gemacht :-( Das Youtube-Video ist nicht von mir gedreht, vermittelt aber hoffentlich einen schönen Eindruck vom Konzert. Meine Kamera lag leider zu Hause und mein Handy hab ich irgendwie noch nicht im Griff :-p 
Dafür gibt's hier die vollständige Setlist:


Wir sind Helden Setlist Alter Schlachthof, Dresden, Germany 2011, Bring mich nach Hause
Quelle: www.setlist.fm

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